Eine kleine Geschichte

 Vorweg. Es geht uns gut. Es ist nur eine Geschichte die ich heute schreiben musste. Ein innerer Drang und die Worte purzelten einfach so in die Tastatur. 


Ich muss gehen.

Gestern sind wir noch Spazieren gegangen. Unseren Weg den wir in den letzten Wochen noch gehen konnten. Den Ich noch gehen konnte. Mein Körper fühlte sich schwer an und mein Geist war müde.

 Gestern ging ich und setzte meine Botschaften an meine Freunde, damit sie wussten das ich gehen werde.  Ich wusste es genau das es mein letzter Spaziergang war. Das letzte mal das ich diesen Waldboden unter meinen Pfoten spüren würde, das letzte mal das ich das Reh im Gebüsch witterte. Ich verabschiedete mich vom Reh und entschuldigte mich das ich mich nicht immer unter Kontrolle hatte. Wie oft habe ich es in den letzten Jahren aufgeschreckt, bin hinter ihm her gehetzt und hab mich danach nicht gut gefühlt. Ich wusste das es nicht ok war aber ich konnte mich auch nicht zurückhalten. Erst wenn du mich gerufen hattest wurde mir bewusst was ich gemacht hatte und ich konnte von ihm lassen. Diese fürchterliche Bürde ein Jäger zu sein und es nicht sein zu wollen.

 

Heute werde ich gehen und die Jagt ist zu Ende. Ich werde nicht mehr hinter einem anderen Tier herlaufen müssen, ich würde mich nicht mehr schwer und ohne Worte empfinden. Ich wäre nicht mehr müde. Ich wäre frei und würde nach Hause gehen.

 

Da sitzt du neben mir auf der Decke und tränen laufen über dein Gesicht. Du bist traurig das ich gehen muss obwohl du weißt das für jeden einmal die Uhr abläuft. Meine läuft nun ab. Ich würde dich so gerne trösten und lecke deine Tränen von deinem Gesicht, von deinen Händen. Trösten kann dich das nicht. Ich kann dir auch nicht sagen was ich weiß. Auch wenn ich Worte hätte würdest du es jetzt nicht verstehen. Ich frage mich warum du nicht weißt was ich weiß, warum ihr Menschen so unwissend seid. Das macht mich schon ein bisschen traurig. Denn würdest du wissen was jetzt passiert würdest du nicht traurig sein, sondern dich mit mir ein bisschen freuen. Es wäre ein „auf Wiedersehen“ und kein Abschied für immer. Du wüsstest das ich dich abholen würde, wenn deine Zeit abgelaufen ist. Du wüsstest wo wir uns treffen würden.

 

Aber deine Tränen und deine Worte sagen mir das du es nicht weißt, nicht mal eine kleine Ahnung davon hast. Das es eine Tür ist die Menschen nicht betreten. Das ihr getrennt von eurem Ich diese Welt betritt. Mein Ich kann dein Ich nicht fassen. Nicht ansprechen. So sehr ich es versuche, es hört mich nicht. Mein Leben lang hat es mich beschäftigt warum du mich nicht verstehen kannst. Warum du mich nicht hörst.  Jedes Lebewesen mit dem ich Freundschaft geschlossen hatte konnte mich hören und verstehen und wir hatten tolle Gespräche. Und obwohl ich dich so sehr liebte und ich bin mir sicher …. Du mich auch. Konntest du mich nicht hören.

So wie kein Mensch mich hören konnte. Und auch die anderen Tiere hörtest du nicht. Du hörtest nicht den Baum und nicht die Blumen um die du dich so gut gekümmert hast. Ja ich glaube du konntest nicht mal den Mann hören, wenn er es nicht aussprach was er dachte. Du hörtest nur die Worte die aus seinem Mund kamen und nicht die aus seinem Herzen.  Irgendwie verrückt. Eigentlich müsste Ich traurig sein. Traurig darüber das du in so einer stummen Welt lebst.

Nein ich habe keine Schmerzen, nicht wirklich. Wie du bestimmt bemerkt hattest habe ich die letzten Tage wenig gegessen und getrunken. Ich habe mich vorbereitet, ich wusste ja das ich bald gehen werde und das es leichter wird, wenn der Körper etwas fastet und nicht ganz so schwer ist.

Ich lege noch mal meinen Kopf auf deinen Schoss und schließe die Augen. Ich fühle wie du mich im Arm hältst und deinen Atem und dann gleite ich langsam aus mir heraus.  Ich sehe auf mich herab und sehe wie du meinen nun leblosen Körper an dich drückst und bitte dich: Lass mich los. Ich bin hin und her gerissen.

 Auf der einen Seite sehe ich dich mit meinen nicht mehr funktionierenden Körper und auf der anderen Seite sehe ich das Licht was mich ruft. Ich möchte nach Hause und dann bist du da und es stimmt mich traurig dich so zurück zu lassen. 

Das Licht kommt auf mich zu und es sagt zu mir: Lass sie los. Sie wird damit zu recht kommen. Sie wird es lernen müssen.  

Ich fragte das Licht: Kann ich nicht noch mal zurück? Ihr noch einmal über das Gesicht lecken, ihr noch mal auf Wiedersehen sagen? 

Das Licht sagte: Nein das geht nicht mehr. Nicht nur du konntest gehen. Schau, dein Körper besteht aus Milliarden über Milliarden Leben die nun auch zurück zu Ihrem Ursprung kehren.  Nichts hält sie mehr zusammen.

 

Und ich sah wie Milliarden über Milliarden kleine Funken um das große Licht tanzten. Winzige kleine Explosionen aus Licht und Liebe. 

  Das große Licht sagte: Komm trete aus der Traurigkeit des Menschen heraus.  Lass ihn erst einmal zu sich kommen. Menschen brauchen etwas Zeit um den Abschied zu verarbeiten. Nach einer Weile kannst du nach ihr schauen, wenn du magst. Du weißt doch, dass alles immer überall ist.

 Da fragte ich das große Licht. Warum weiß ich es zu jeder Zeit. Im hier und jetzt und zu aller Zeit und warum weiß der Mensch es nicht? 

„Tja“ sagte das große Licht. „Der Mensch ist dort um genau das zu lernen.“ Das große Licht sah mich liebevoll an und streichelte mich über den Kopf und sprach: „Weißt du vor langer Zeit hatte ich eine Auseinandersetzung mit den Menschen. Sie waren ja frei aber wollten noch mehr Freiheit. Eine Freiheit die ich ihnen nicht geben konnte. Ich bin die Liebe und Gerechtigkeit aus Liebe und Gerechtigkeit und um mich herum kann es auch nur Liebe und Gerechtigkeit geben. Nichts anders. Ich kann nur in Liebe wachsen und geben. Ich nehme nie. In mir ist nur was mir gegeben wurde aus Liebe.“

 Das große Licht sah das ihn nicht verstand. Warum erzählt er mir was ich wusste, weis und immer wissen werde?

 

Er lächelte und fuhr dann fort:“ Weißt du der Mensch weiß das nicht. Ich musste ihn gehen lassen damit er seine Freiheit finden konnte. Ich glaube nicht das er ahnte welchen Weg er gehen müsste und wie steinig der Weg zurück nach Hause sein würde. Aber er wollte ihn gehen und so habe ich ihn ziehen lassen. Natürlich kann er nicht das Wissen unserer Welt mit sich nehmen, denn um zu lernen muss man unwissend sein. Der Mensch bekam die Freiheit immer wieder aufs Neue zu lernen und an sich zu wachsen um dann irgendwann zu mir zurück zu kehren.“

Ich dachte: Das ist hart und verstand langsam warum die Menschen so unterschiedlich waren. Es gab Menschen die hatten ein weiches voller Liebe gefülltes Herz wie mein Mensch es hatte und es gab Menschen die hatten ein Herz aus Stein.  Dann gab es Menschen die wankelmütig waren. An dem einen Tag streichelten sie mir über den Kopf und an einem anderen Tag hätten sie mich am liebsten getreten. Die Menschen waren so beschäftigt und hatten kuriose Gedanken. Überhaupt waren die meisten Gedanken so ungeordnet und gegensätzlich das ich es nicht verstand.

 

 Obwohl ich meinen Menschen so liebte konnte ich auch seine Gedanken nicht immer nachvollziehen. Sie liebte mich so sehr, dass sie alles für mich getan hätte. Sie hatte mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Ich war nicht nur ein Hund, ich war die ganze Welt für diesen Menschen.

 

Bei unseren Spaziergängen durch die Natur begegneten wir viele andere Tiere unter anderem auch Kühe. Und sie jauchzte und freute sich über die Kälbchen, wie sie da auf der Weide rumtollten.  Sie gab sich alle Mühe die Kälbchen an den Zaun zu locken. Rupfte Gras und ihre Stimme wurde so pipsig, dass es mir in den Ohren schmerzte.  Ihr Herz war voller Liebe für diese Tiere und noch auf dem Heimweg spürte ich wie die Liebe dieser Tiere meinen Menschen durchzogen.

 Am Abend dann zur Essenszeit umhüllte mich dann der Duft des gleichen Tieres. Nur ohne Seele. Ich roch das es nicht das Tier vom Tag gewesen sein konnte. Dieses war schon vor einer Weile gegangen aber ich roch das es eine Kuh war. Es war für mich unbegreiflich wie ein Mensch so wankelmütig war. Ich weiß noch das ich mich am Anfang einmal fragte: Ob es hier auch mal nach mir duften wird. Den Gedanken schob ich aber weg. Ich stellte auch bald fest das Menschen einen Unterschied zwischen Karnivoren also Fleischfresser und keine Karnivoren machten. Also können Menschen anscheinend keine Karnivoren essen.

Das große Licht unterbrach meine Gedanken:“ Nein so ist das nicht, im Grunde sollte keine Seele eine andere Seele töten und auch nicht essen. Weder Menschen die Tiere noch umgekehrt. Auch Tiere sollten keine Tiere töten müssen. Die Menschen hadern mit sich. Es gibt Menschen die essen keine Kühe, für diese wäre es undenkbar jemals eine Kuh zu töten geschweige dann zu essen. Andere Menschen wiederum essen sogar Hunde und dann gibt es Menschen die keine Tiere bewusst töten und essen und andere essen alles ohne Ausnahme.“

Das große Licht hielt kurz inne und sah mich traurig an und sprach:“ Es gab und gibt sogar Menschen die essen Menschen“.

Große Traurigkeit durchfuhr mich und ich fragte: Wo hört dann die Freiheit des Menschen auf?

Das große Licht schaute mich ernst an: „Hier bei uns hört die Freiheit des Menschen auf, denn hier oben besteht alles nur aus Licht, Liebe und Gerechtigkeit.“

Ich fragte das große Licht dann: Ja aber wenn der Tag kommt und einer dieser Menschen hier rauf kommt, sein Geist bleibt sein Geist… wie soll das funktionieren. Alles ist und nichts geht verloren. Und wenn du alle Menschen mit einem Herz aus Stein mit Liebe füllen solltest, wo bleibst du?

Das große Licht lächelte: “Diese Menschen bleiben nur kurz und ich fülle niemanden auf. Ich werde gefüllt. Diese Menschen gehen wieder zurück. Wir besprechen kurz die Lage und ich erkläre ihnen wo sie vom Weg abgekommen sind und wo es weiter gehen kann. Denn es ist ja ihre Freiheit den Weg zu wählen.“ Das große Licht hielt kurz inne und fuhr dann fort: „Du musst deinen Menschen ja sehr geliebt haben.“

 

Nachdem ich eine runde durch das flimmernde Licht gehüpft bin fragte ich das große Licht: Sag mal warum machen wir es den Menschen so schwer, wäre es nicht einfacher, wenn du hinabsteigen würdest und mit allen Menschen gleichzeitig reden würdest.  Wenn sie den Kreislauf kennen würden? Du würdest wachsen, die Menschen würden dich mit Liebe überfüllen, wir würden alle wachsen und niemand müsste mehr zurück und kein Tier würde mehr leiden, kein Tier mehr gefressen…

Das große Licht unterbrach mich: „Ich habe es versucht. Ich war vor langer Zeit dort, habe unter ihnen gelebt und versucht ihnen den Weg zu erklären. Die Menschen haben mich nicht verstanden. Viele wollten mich nicht verstehen. Und so musste ich wieder gehen. Aber ich konnte ihnen einen Funken dar lassen.  Ein kleiner Funken im Herzen der jedem einzelnen sagt was gut und was schlecht ist und wenn ein Mensch Liebe erfährt blitzt dieser kleine Funke auf und er erinnert sich ein kleines Stück an dem Zuhause welches er einmal hatte. Und wenn dieser Funke einmal zu einem Feuer wird, wird er anfangen zu suchen und mich vielleicht auch schon auf Erden finden. Und nun lauf und genieße dein neues Leben.“

Da waren wir auch endlich Zuhause angekommen und ich sah schon alle meine alten Freunde aus verschieden Zeiten. Mein Herz sprang aus Freude und ich lief auf sie zu. Ich war mir sicher das ich zurückkehren werde um zu schauen wie es meinem Menschen ging. Ich wusste das ich schon viele Menschen hatte, doch dieser Mensch war tief in meinem Herzen und ich wollte schauen ob ich nicht auch von hier aus ihren Funken zu einem Feuer verwandeln konnte. So das sie das große Licht suchen und mich hier finden konnte.

 

Kommentare

Rumpelkammer hat gesagt…
gelesen...
geschluckt..
Tränchen weggewischt..

alles Liebe
Rosi